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Marcel Reich-Ranicki, der literarische Entertainer

Das rollende „rrr...“, die kraftvollen Gesten, die klare Diktion – Marcel Reich-Ranicki ist der bekannteste und zweifellos einflussreichste Literaturkritiker der letzten zwanzig Jahre. Zu raumfüllender Präsenz schafft er es als großer Vorsitzender des „Literarischen Quartetts“ im ZDF. Was er im Fernsehen von 1988 bis 2001 zusammen mit Hellmuth Karasek und Sigrid Löffler bespricht, erregt allgemeines Interesse: Autoren wie Harold Brodkey, Zeruya Shalev, Javier Marías oder Cees Nooteboom hätten es ohne die lobende Kritik im Quartett niemals zu einer nennenswerten Leserschaft in Deutschland gebracht, weiß das von der Verlagsindustrie herausgegebene Magazin Buchtipp.

Seinen legendären Ruf erwirbt sich Reich-Ranicki seit 1973 als Chefkritiker der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Weil eines seiner erfolgreichsten Bücher „Lauter Verrisse“ heißt, gilt er als Niedermacher, mit dem nicht gut Kirschen essen ist. Seine Ausfälle verfolgen manchen Autor bis in die Albträume. Reich-Ranicki kämpft gegen dieses Image, allerdings vergeblich. Fällt nicht im Literaturstreit des Jahres 2002 um Martin Walsers Schlüsselroman „Tod eines Kritikers“ auch ein Schatten auf ihn? Was muss im deutschen Literaturbetrieb hinter den Kulissen los sein, wenn ein so anerkannter Autor wie Walser mit Mordfantasien spielt, in deren Mittelpunkt Reich-Ranickis Alter Ego steht? Sei’s drum: Das Publikum, das die Interna und Kabalen nicht kennt, liebt Reich-Ranicki und dessen unbändiges Temperament. Denn bei allen Ressentiments, zu denen er fähig ist, gibt es an seiner Liebe zur Literatur keinen Zweifel: „Die Literatur ist mein Lebensgefühl. Das lassen, glaube ich, alle meine Ansichten und Urteile über Schriftsteller und Bücher erkennen, vielleicht auch die abwegigen und verfehlten.“

Reich-Ranicki macht das, was er liebt, populär. Er schreibt spannende Literaturserien für die Welt, moderiert im Radio Literatursendungen und begründet in der FAZ die Lyrik-Sammlung „Frankfurter Anthologie“. Darüber hinaus verfasst er eine Autobiografie, die spannend von seinem Schicksal als Jude im Warschauer Getto, von seiner Zeit in Polen und seinen Begegnungen mit berühmten Schriftstellern erzählt...

Lesen Sie weiter auf Seite 110 im Buch „Denker, Meinungsführer, Visionäre“.....